Manche Projekte beginnen hervorragend, lassen sich einfacher als geplant durchführen, sind in Rekordzeit beim Kunden montiert und scheitern dann trotzdem am Ergebnis. Das ist leider auch der Grund warum der zweite Blog-Eintrag solange auf sich warten hat lassen.
Für Kundschaft habe ich einen alten Wohnzimmerschrank "aufgemöbelt". Nachdem sich der Schrank in noch gutem Zustand befunden hat, schlug ich meinen Kunden vor das alte Möbel abzuschleifen, die gerundeten Kanten zu begradigen und die Oberfläche mit weißer Leinölfarbe zu behandeln.
Das durch die jahrelange Nutzung gezeichnete Möbel aus gewachster Fichte, hat sich so in ein modernes Wohnelement mit zusätzlichen Bauteilen in gebürsteter Eiche verwandelt.
Selbstverständlich habe ich Muster mit Originalholz und der Leinölfarbe gemacht und für gut befunden. Das bestellte Probedöschen Farbe hatte alle Erwartungen erfüllt. Für die Auftragsdurchführung habe ich - blöderweiße - die Farbe selbst zusammengemischt und mich dabei an die Produktempfehlungen des Händlers gehalten. Auch die Trocknungszeiten sind eingehalten oder gar verlängert worden und so mussten meine Kunden über vier Wochen ohne ihren Wohnzimmerschrank auskommen. Vor dem eigentlichen Montagetermin bat ich sogar noch um eine Verlängerung der Trocknungszeiten um ganz sicher zu gehen, dass das Ergebnis umwerfend wird.
Nun - das Ergebnis war umwerfend - zum Zeitpunkt des Einbaus. Da meine Kundschaft und ich das Wohnmöbel etappenweise erweitern wollten, kam ich eine Woche später mit Ergänzungen zurück auf die Baustelle.
Das mir gebotene Bild war unschön. Kratzer in der Oberfläche und Abdrücke von den Filz-/Gummigleitern der Hifi-Geräte hatten sich in die Leinölfarbe "gefressen". Die Farbschicht hatte nichts mehr mit der Musterfläche gemein. Ratlos musste ich schließlich meinen Kunden eingestehen, dass ich aktuell keine Lösung bieten kann und besserte die Fehlstellen erstmal nach.
Inzwischen bin ich einige Arbeitsproben und Versuche schlauer, habe allerdings immer noch das Problem mit der unzureichenden Oberflächenbeschichtung die auf meinem Kundenauftrag liegt. Glücklichwerweise zeigt die Kundschaft großes Verständnis und so warten wir einfach einige Monate ab, wie sich die Leinölfarbe entwickelt.
Einige Dinge sind allerdings etwas seltsam:
Das Muster wurde zweimal richtig dick mit Farbe bestrichen: Trocknungszeit dazwischen: 1 Tag
Die Originalteile (ich bin mir nicht mehr ganz sicher) drei bis viermal mit dünnem Schichtaufbau: Trocknungszeit zwischen den Aufträgen: je 1 Woche
Die Schubladen sind einmal (mit zwei Wochentrocknungszeit dazwischen) behandelt sowie einem abschließenden Finish mit Hartwachsöl.
Von einem Regalelement sind die Innenflächen zweimal mit der Leinölfarbe behandelt und schlussendlich mit Bienenwachs versiegelt. Die Trocknungszeit betrug insgesamt etwa zwei Wochen.
Meine unüberlegten Experimente machen keinerlei Probleme, sind widerstandsfähig und lassen sich gut reinigen. Auch die Haptik ist wesentlich angenehmer als die der leinölfarbenen Teile nach den vorgegebenen Auftragsmethoden.... warum das so ist? Bisher ist es mir ein Rätsel...
Als nicht ganz so umweltfreundliche Alternative, hätte sich übrigens eine Lacklasur angeboten. Ob das besser gewesen wäre? - ...
Trotzallem sind meine Kunden grundsätzlich mit meiner Arbeit zufrieden. Früher oder später wird das Rätsel um die Leinöloberfläche jedenfalls gelöst und die Probleme beseitigt werden. Auch wenn es augenblicklich sehr unangenehm für mich war, bin ich doch um ein paar Erfahrungen reicher. Experimente mit Oberflächenbeschichtungen kommen mir bei Kundenaufträgen nicht mehr unter...