Ich habe erst im Frühjahr nach vielen Jahren wieder angefangen zu nähen, als die Familie Masken brauchte, was dann bei der Produktion von 800 Stück endete. Als der Bedarf wieder weniger wurde, hatte ich Näh-Entzugserscheinungen und habe angefangen, Topflappen und Taschen zu produzieren aus meinen gesammelten Stoffen aus vielen Jahren. Eines meiner ersten Produkte war meine Bauchtasche, und deren Geschichte ist es wert, erzählt zu werden.
Der blaue Jeansstoff ist ein Rest von einem Wickelrock, den ich mir vor über 30 Jahren während einer Schwangerschaft genäht habe. Der Schnitt bestand aus 4 Teilen, 2 rechten und 2 linken, die spiegelbildlich zugeschnitten werden mussten. Als ich mit Zuschneiden fertig war, merkte ich, dass ich aus Versehen 4 linke Teile zugeschnitten hatte! Darüber habe ich mich ganz unglaublich aufgeregt, worauf in der gleichen Nacht die Wehen einsetzten – mein Sohn kam so einige Tage zu früh auf die Welt. Ich habe dann später die 4 linken Teile doch zu einem Rock zusammengenäht, der Fadenlauf stimmte nicht, aber zum Wegwerfen war der Stoff zu schade. Diesen Rock nannte ich meinen „Geburtseinleitungsrock“ und habe ihn jahrelang getragen.
Der kurze Reißverschluß der Bauchtasche hat auch eine interessante Geschichte. Sie fängt noch früher an, während meiner Studienzeit. Damals war ich kurz zuvor mit meinem Freund in eine Wohnung gezogen, und wir kochten sehr gern miteinander. Eines Nachmittags (am Abend wollten wir ins Konzert) beschlossen wir, uns Waffeln zu machen. Als ich gerade das flüssige Fett mit dem Handrührer in den Teig rühren wollte, blockierte die Maschine und schleuderte Teig und Butter durch die ganze Küche, auch auf die einzige gute Hose meines Freundes. Nun war guter Rat teuer – wir wollten ja ins Konzert! Zum Glück hatte ein etwas schlankerer Bekannter noch eine ordentliche Hose, die er meinem Freund gab und sagte, er brauche sie nicht zurück, sie sei ihm sowieso zu groß.
Meinem Freund passte sie sehr knapp, aber der Musikgenuss am Abend war durch die zu enge Hose deutlich getrübt. Die Hose landete also als Ersatzreserve hinten im Schrank. Dort fand ich sie 10 Jahre später wieder, als wir längst verheiratet waren und kleine Kinder hatten. Ich nähte aus dem Stoff für meinen Ältesten eine Latzhose, den Reißverschluß schnitt ich aus der alten Hose heraus und legte ihn zu meinem Nähzeug, weil er noch völlig ok war. Dort habe ich ihn kürzlich wieder gefunden, als ich nach Material für die Bauchtasche suchte...
So ist diese Tasche nun ein echtes Erinnerungsstück und ein besonderes Beispiel für Upcycling!