Die Osterbräuche in Ost und West haben viel gemeinsames, aber auch viele Besonderheiten. Wenn Sie die Russen fragen, was ihnen der Feiertag bedeutet, werden Sie kein Wort über Osterhasen hören, sondern Osterkuchen, gefärbte oder Pysanki-Eier, Ostergottesdienst und Friedhof.
Hier versuche ich, in loser Abfolge einige Traditionen und Bräuche in der Russischen Föderation bzw. auch anderen osteuropäischen Ländern zu erklären. Diese Folge - Teil 4 - handelt vom Ostergottesdienst.
Zum Ostergottesdienst nimmt man Osterkuchen und Eier zusammen mit anderen Lebensmitteln in einem Korb mit in die Kirche, um alles weihen zu lassen. Der Korb wird mit einem möglichst selbst gehäkeltem oder gestricktem Tuch abgedeckt. Nach dem Gottesdienst vollzieht der Pope (orthodoxer Geistliche) die Weihung in oder bei gutem Wetter auch vor der Kirche. Diese Weihung wird wegen der Länge der Mitternachts-zeremonie auch während eines weiteren Gottesdienstes am Ostermorgen wiederholt.
Schon am Samstagabend versammeln sich festlich gekleidete Menschen - Gläubige und Atheisten, Kinder und Erwachsene - zu der festlichen Messe. Diese Tradition stammt aus sehr alten Zeiten als man glaubte, dass die Teufelskreaturen in der Nacht vor Ostern besonders böse wurden.
Nach dem Sonnenuntergang am Samstag trauten sich die Leute nicht mehr auf die Straße, weil sie in jeder Katze eine Hexe und in jedem Hund einen Teufel sahen. Die Kirche war dagegen ein sicherer Zufluchtsort. Diese Tradition konnte erstaunlicherweise sogar die Sowjetischen Zeiten überleben - als alles "kirchliche" verboten war.
Der Gottesdienst am Abend vor Ostersonntag ist der wichtigste des ganzen Jahres. Doch diese mehrstündige "Prozedur" in der Osternacht erfordert von den Gläubigen einiges Durchhaltevermögen. Meist dauert er von halb zwölf Uhr nachts bis drei Uhr morgens. Sitzplätze gibt es in orthodoxen Gotteshäusern nicht oder nur selten! Und, erwähnenswert ist noch, dass die Gläubigen eine 40-tägige strenge Fastenzeit hinter sich haben und das große Ostermenue erst noch bevorsteht!
Fast mystisch wirkt die Zeremonie auf den fremden Besucher. Gegen Mitternacht tritt der Geistliche mit einer großen Kerze in der Hand in die versammelte Runde und spricht die nahezu magischen Worte "Christus ist auferstanden". Die Gläubigen antworten ihm im Chor mit "Führwar, er ist auferstanden".
Ein wenig später schreitet der Pope gemäßigten Schrittes durch die Menge der Gläubigen Richtung Ausgang. Es ist Zeit für den Kreuzgang. Er ymbolisiert den Weg der Jünger, die dem auferstandenen Christus entgegengingen. Zusammen mit den Gläubigen geht der Geistliche einmal um die Kirche - entgegen dem Uhrzeigersinn. Mitgeführt werden neben den Kerzen auch Fahnen, das Evangelium und die Ikone der Auferstehung Christi. Nach dem Gang um die Kirche wird der Gottesdienst fortgesetzt. Gegen 3 Uhr nachts gehen dann auch die letzten Gläubigen nach Hause.
Die nächste Folge handelt von Traditionen am Ostersonntag
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Geschrieben 2019 mit Unterstützung von Künstlern aus Osteuropa
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Dieter